Portrait
Bloggerin Karoline Herr © Frollein Herr

Instagram ist wichtig, aber auch nicht alles.

von Laura Bähr

Karoline, du warst einige Jahre bei der deutschen Elle und der Harpers Bazar als Beauty-Redakteurin angestellt. Was empfindest du, wenn du an diese Zeit zurückdenkst?
Herr: Das war eine super spannende und sehr lehrreiche Zeit, von der ich keine Sekunde missen möchte. Ich habe eigentlich Literatur studiert, wusste aber von Anfang an, dass ich in die Mode will. Über Praktika bin ich dann letztendlich reingerutscht. Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass es direkt so klappt, schließlich ist es schwierig in dieser Branche Fuß zu fassen und bin natürlich wahnsinnig dankbar für all die Chancen, die ich in der Zeit hatte. Aber es gab auch Gründe, warum ich dann nach fünf Jahren gekündigt habe.

Was waren das für Gründe?
Herr: Ein Punkt war auf jeden Fall die Bezahlung. Jeder der in der Branche arbeitet, weiß, dass man damit mit nicht reich wird und darum geht es auch nicht. Aber die Chance auf finanzielle Weiterentwicklung wäre schon schön gewesen. Als ich die Assistenz-Stelle damals angenommen habe, habe ich mich zuerst sehr über das Gehalt gefreut. Das war ja schließlich jahrelang mein Berufswunsch gewesen.  Dann habe ich meine Redakteursstelle bekommen, mit einem geringfügig höheren Gehalt und dann irgendwann verstanden, dass es nicht mehr viel Spielraum nach oben gibt. Gerade wenn viele deiner Freunde in anderen Bereichen tätigt sind, und man sieht, was da so verdienen, ist das einfach ein blödes Gefühl, wenn man weiß, dass man selbst keine Chance mehr hat, gehaltstechnisch aufzusteigen. Auf der anderen Seite wurde das Daily Business einfach immer anstrengender und stressiger. Es gab viele Kündigungen und Hefte wurden zusammengelegt. Ich bin der Überzeugung, dass wenn man etwas gut macht, dann hat man auch die Chance gut zu verdienen. Aber wenn die ganze Branche mit dem Rücken zur Wand steht, dann ist das einfach schwierig. Für mich hat sich einfach der Aufwand nicht mehr mit der Vergütung gerechnet und man hatte keine Möglichkeit sich zu entwickeln. Mit Ende Zwanzig habe ich mich zu jung gefühlt, mich der Situation zu ergeben, wo ich doch eigentlich so große Lust auf den Job hatte. Gleichzeitig hat mir auch das selbstständige Arbeiten und Entscheiden gefehlt und so hat sich die Idee vom eigenen Blog immer mehr geformt.

Was unterscheidet deine Arbeit für deinen Blog „Frollein Herr“ von deiner Arbeit bei den Modemagazinen?
Herr: Einerseits ist alles total anders, aber irgendwie auch gleich. Die Strukturen sind die gleichen, allerdings mache ich jetzt alles alleine. Ich brauche keine Grafik und keine Chefredaktion. Früher war es so, wenn ich mal Mist gebaut hatte oder auch etwas besonders gut, fiel es selten auf mich direkt zurück, weil es so viele Zwischeninstanzen gab. Heute bekomme ich das Feedback direkt und das weiß ich sehr zu schätzen. Ich hatte während der letzten Zeit auch ein bisschen meine Passion für den Beruf verloren, weil man so sehr in den Strukturen festhängt und sich gar nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren kann. Heute freue ich mich jeden Morgen, dass ich mich mit so schönen, unnötigen Dingen beschäftigen darf, die doch so viele Leute interessieren. Mode und Beauty sind einfach relevante Bereiche im Leben, auch wenn es die wenigstens zugeben wollen. Am Ende des Tages wollen aber doch alle wissen, welche Kleidung ihnen steht oder was sie gegen ihre Pickel machen können.

Hat sich das Interesse der Gesellschaft an diesen Themen in den letzten Jahren gewandelt?
Herr: Auf jeden Fall! Früher waren es die Designer, Moderedakteure und ein paar auserwählte Leute, die über die Trends entschieden haben. Durch die sozialen Medien wie Instagram ist die Mode jetzt aber auf einmal demokratisch geworden und alle können daran teilhaben. Mittlerweile entwickelt sich das ganze natürlich in eine sehr professionelle Richtung, sodass das Underdog-Prinzip nicht mehr aktuell ist. Heute ist Instagram ein großes Marketingtool, was man verstehen muss. Man kann heutzutage noch so guten Content kreieren und man verschwindet trotzdem einfach in der Bilderflut.

Hat man heute denn überhaupt noch eine Chance sich auf Instagram und Co. Zu etablieren?
Herr: Mich hat man damals auch gewarnt, dass die Leute bestimmt übersättigt sind und nicht noch einen Mode- und Beautyblog brauchen. Natürlich wäre es vor ein paar Jahren noch einfacher gewesen, weil die Konkurrenz viel geringer war. Aber ich glaube nach wie vor, wenn man gut ist, dann hat man auch eine Chance. Es muss einem allerdings klar sein, dass es vielleicht nicht mehr so schnell funktioniert wie früher.

Was macht „Frollein Herr“ besonders?
Herr: Ich besetze keine Nische, das ist mir klar, auch wenn viele meiner Freunde damals meinten, ich müsse unbedingt eine Nische bedienen. Ich bin einfach keine Nische. Im Gegensatz zu einem Magazin, wo sich der Konsument vielleicht auf einen Titel beschränkt, fahren die Leute bei Blogs meiner Erfahrung nach vielgleisig. Ich biete, allein schon durch meine Persönlichkeit etwas Besonderes an, aber natürlich nichts Einzigartiges – da mache ich mir gar nichts vor. Am Anfang hatte ich zum Beispiel Angst, dass ich die Leute mit meinen Textstücken erschlage, aber mittlerweile bekomme ich immer mehr das Feedback, dass die Leute sich so freuen, mal wieder etwas lesen zu können. Die Angst ist natürlich immer da, dass sich irgendwann keiner mehr für den Blog interessiert. Ich versuche auch oft in meinen Artikeln herauszustellen, dass die Welt natürlich nicht so glänzt, wie in den Magazinen häufig vorgetäuscht. Ich mache letztendlich auch nur Vorschläge und sage zum Beispiel diese Creme war bei mir toll, ob sie aber bei allen anderen auch so gut wirkt, muss natürlich jeder für sich selbst ausprobieren. Ich will den Leuten keinen Scheiß erzählen, sondern ein Filter, eine Unterstützung sein.

Hast du als Bloggerin manchmal Zukunftsängste?
Herr: Ich muss sagen, dass ich während meiner Zeit als Redakteurin unsicherer war, weil ich die Zukunft des Heftes natürlich nicht in den eigenen Händen hatte. Heute bin ich selbstständig und könnte neben meinem Blog auch frei schreiben oder die Beratung gehen, das finde ich sehr viel beruhigender. Wenn ich jetzt nur von Instagram leben würde, wäre das natürlich etwas anderes, aber ich baue ja in erster Linie meinen Blog auf. Klar, kommen sehr viele Leute über die sozialen Medien überhaupt auf diesen Inhalt, aber das Ziel ist es tatsächlich, dass die Leute irgendwann nicht über Instagram auf mich aufmerksam werden, sondern ganz selbstverständlich nachschauen, was es aktuell neues auf „Frollein Herr“ gibt. Instagram ist wichtig, aber auch nicht alles.

Seit neuestem musst du Werbung auf Instagram ja kenntlich machen. War das eine große Umstellung?
Herr: Nein eigentlich nicht. Zu dem Zeitpunkt wo ich eingestiegen bin, gab es ja schon die Regelung, dass man die Werbung auf Blogs komplett kennzeichnet. Das ist für die Leser natürlich auch sehr wichtig, weil sie wissen müssen, ok wo ist jetzt hier Werbung und wo nicht.  Ich habe mich grundsätzlich über die Debatte aber aufgeregt, weil ich ja aus dem Print komme und weiß die Maschine funktioniert und da wird definitiv werblicher gearbeitet, als ich es jetzt tue. Damals hat mir das natürlich schon eine gewisse journalistische Freiheit geraubt, wenn man vorgegeben bekommt, doch bitte die folgenden drei Marken unbedingt unterzubringen. Was das angeht, kann ich heute viel freier arbeiten und auf dem Blog auch mal unbekannterer Labels vorstellen. Natürlich verdiene ich mein Geld auch mit Kooperationen und das ist auch ganz wichtig, schließlich stellen wir Blogger unsere Inhalte umsonst zur Verfügung und irgendwo müssen wir ja auch unser Geld verdienen. Ich finde es nur schade, dass viele Leute davon ausgehen, sobald irgendwo Werbung oder Anzeige drübersteht, dass sie dann davon ausgehen, das Ganze sei nicht mehr ehrlich. Natürlich gibt es viele Blogger, die das tun und zum Beispiel schreiben „mit diesem Tee nimmst du sofort 10 Kilo ab“, da müssen sich die Leute aber auch selbst Gedanken machen und verstehen, dass das nicht sein kann. Wenn ich allerdings von einem Produkt wirklich persönlich überzeugt bin, dann wäre ich ja dumm, wenn ich keine Kooperation mit der Marke eingehen würde. Ich finde, wenn es schon diese Werbedebatte gibt, dann sollte die für alle gelten, auch für Hefte.

Du hast dich auch bereits in ein paar deiner Artikel mit dem neuen Instagram-Algorithmus auseinandergesetzt. Was hat es damit auf sich?Herr: So richtig verstehen tut den Algorithmus ja leider keiner. Früher war das so, wenn ich mehrere Bilder gepostet habe, wurden die meinen Follower in der Reihenfolge angezeigt, wie sie hochgeladen wurden. Jetzt fangen die Algorithmen an diese Bilder zu sortieren, angeblich nach Relevanz. Das heißt, wenn eine Person alle Bilder von mir mag, dann bekommt sie diese auch in Zukunft ganz oben angezeigt. Wenn jemand allerdings 2000 Accounts folgt, dann ist es schon schwieriger zu erscheinen. Instagram bestimmt folglich wer was sieht. Sie behaupten dabei zwar, dass sie das nach dem Interesse der einzelnen Personen bestimmen, aber das ist meiner Ansicht nach nicht so. Meine Schwiegermutter folgt zum Beispiel nur 20 Accounts und bekommt meine Bilder schon nicht mehr angezeigt. Also wenn ich für meinen engsten Bereich nicht mehr relevant bin, dann kann ja etwas nicht stimmen. Während ich zu Beginn auf Instagram auch sehr, sehr viele Follower generieren konnte, ist dieses Interesse mit dem „Online-Gehen“ meines Blogs auf einmal stark gesunken. Ich weiß nicht, ob Instagram es abstraft, dass ich auf eine andere Seite verlinke. Während ich früher 1.200 Likes auf einem Bild hatte, sind es jetzt eben nur noch 200 und das kann nicht mit der Qualität meiner Inhalte zusammenhängen. Da ist man dann schnell auf der Abschussliste.

Ist es nicht schwierig mit diesem Like-Druck umzugehen?
Herr: Auf jeden Fall! Man macht sich ja natürlich auch immer Gedanken, woran das liegen könnte. Generell möchte ich mich nicht von den Likes fremder Menschen abhängig machen und war auch nie darauf aus, tausende Follower zu generieren, aber am Ende des Tages spielt es dann leider doch eine wichtige Rolle, weil ich damit nun mal mein Geld verdiene. Das ist auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Wieso sollte ich mir stundenlang Mühe geben, ein Bild zu bearbeiten, wenn es dann nur 30 Likes bekommt?

Gibt es für dich eine Grenze wie persönlich du auf deinem Blog wirst?Herr: Das werde ich häufig gefragt. Mein Freund liest solche Beiträge zum Beispiel auch gerne mal gegen, weil ich da eine zweite Meinung brauche. Ich bin eine sehr offene Person und frage mich immer selbst, ist das eine Sache, die ich auch auf einer Party erzählen würde, dann kann ich es auch auf meinem Blog besprechen. Ich muss sagen, das sind auch bei weitem meine erfolgreichsten Artikel, weil das eben Themen sind, die man nicht in den Hochglanzmagazinen findet, die die Menschen aber eben auch beschäftigen.

Verfolgst du bei deinen Bildern eine visuelle Linie?
Herr: Nicht wirklich. Also natürlich möchte ich das alle meine Bilder zusammenpassen, aber ich glaube das passiert automatisch. Ich bin nicht der Typ, der es schafft diese tollen hellen, cremigen Feeds umzusetzen, wie viele Berliner Blogger, das finde ich toll, bin ich aber leider nicht. Was mir sehr wichtig ist, ist, dass meine Bilder professionell aussehen, also sie werden alle mit einer Kamera geschossen und nicht mit dem Handy. Was die Bearbeitung angeht, da mache ich auch nicht so viel, aber auch aus dem Grund, weil ich noch nicht so viel kann. (lacht) Was ich nicht mag, sind diese Sonnenuntergänge, Zuckerwattenbilder, mit Farben, die es im echten Leben eigentlich gar nicht gibt. Trotzdem respektiere ich natürlich die Leute, die das machen, ihr Erfolg gibt ihnen ja recht.

Wie hältst du dich über Mode- und Beautythemen auf dem Laufenden?Herr: Ich speichere gerne Looks, aber generell passiert da viel instinktiv. Während der Fashion-Weeks schaue ich mir gerne alle Schauen an und reiße mir bei den großen Heften auch nach wie vor Seiten raus, wenn mich Themen interessieren. Die großen Trends gibt es allerdings meiner Ansicht nach heute auch gar nicht mehr. Dafür ist die ganze Branche viel zu weitläufig geworden. Wenn mir etwas gefällt oder ich mir etwas kaufen möchte, dann ist das ein Artikel wert, aus dem einfachen Grund, weil ich dazu was zu sagen habe. Über Trends, über die ich nichts sagen kann, schreibe ich auch nicht.

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