Axel Stein © Jens Koch

Seit ich sieben Jahre alt bin, habe ich mich auf den Führerschein gefreut.

von Laura Bähr

Axel, du bist aktuell mit deinem neuen Film „Goldfische“ im Kino. Bist du genervt von dem „Premieren-Zirkus“ und den immer gleichen Fragen nach dem „schmalen Grat“ dieser Rolle? 
Axel Stein: Nein, genervt bin ich nicht. Ich bin ja dafür da, den Film zu vermarkten und zu promoten und da kommt es natürlich auch schon mal vor, dass sich die ein oder andere Frage überschneidet. Ich versuche aber allen gerecht zu werden, weil ich auch wirklich stolz auf diese Produktion bin. Bei uns in der Branche ist so eine Premiere häufig ein wahres zelebrieren, weil wir meistens über ein Jahr mit so einem Film beschäftigt sind. Das ist dann wie eine Art Abschlussfeier. Die bringt auf jeden Fall Spaß, aber natürlich ist man danach auch froh, wenn mal man wieder gemütlich auf der Couch sitzt. 

Im Film „Goldfische“ wird der Zuschauer sowohl zum Lachen, als auch zum Weinen gebracht. Die große Kunst der Filmbranche? 
Auf jeden Fall. Ich bin selber Kinogänger und freue mich immer, wenn ich in den Bann der Geschichte gezogen werden. Als ich die „Goldfische“ zum ersten Mal im Kino gesehen habe, habe ich mich auch hereinziehen lassen, gelacht und geweint, und das obwohl ich ja die Geschichte und die Schauspieler schon kannte und wusste was passiert. In manchen Momenten habe ich mich dann selbst beim Lachen erwischt und mich beschämt gefragt, ob man an der Stelle überhaupt lachen sollte, aber genau damit haben wir natürlich auch bei dem Film gespielt. Man lacht und weint wirklich zwei Stunden lang, das ist wie ein Wechselbad, heiß und kalt duschen. 

Du bist also trotz Netflix, Amazon und Co. noch ein treuer Kinogänger?Ich finde Kino ganz wichtig, allein schon durch die Größe des Bildschirms und durch den Ton. Außerdem ist es etwas ganz anderes, Filme in einer Gemeinschaft zu schauen, was natürlich nicht heißt, dass ich nicht auch mal gerne zu Hause auf der Couch Netflix genieße. 

Welches Gefühl möchtest du beim Zuschauer Filmunabhängig vermitteln?
Für mich ist jedes Projekt individuell und ich bin da auch ziemlich breit aufgestellt. Bei den „Goldfischen“ haben wir natürlich auch eine Agenda und möchten den Menschen zeigen, dass jeder seinen Platz in der Gesellschaft hat und dass es auch sehr wichtig ist, dass man mal nach links und nach rechts schaut und seinen Horizont da ein bisschen erweitert. Ich kann da auch ganz gut mitreden, weil ich vor dem Film auch nicht viel Kontakt mit diesen Menschen hatte. Das merke ich auch jetzt noch bei Interviews, wenn es dann um die Behinderung geht, dass man auf einmal total verklemmt wird, weil man natürlich niemandem auf den Fuß treten möchte. 

Haben wir das ein bisschen verloren, die Akzeptanz, dass jeder einen Platz in der Gesellschaft hat? 
Ja, natürlich. Jeder ist aktuell total überlastet und der Gesellschaftsdruck wächst. Das fängt schon beim Smartphone an, man muss immer erreichbar sein. Wenn man dann mal in so einer anderen Welt war, wie ich jetzt durch die Recherche für den Film, dann merkt man, die Menschen haben einen ganz anderen Lebensmittelpunkt, da ist alles viel entschleunigter, die sind bei sich. Der Rest kann sich davon wirklich eine große Scheibe abschneiden. Geld allein macht nicht glücklich, zumindest nicht jeden, das zeigt ja auch der Film. Jeder muss für sich rausfinden, was ihn glücklich macht und ich glaube, dafür muss man sich gerade heute bewusst die Zeit nehmen. Und eben nicht das sein, was die Gesellschaft jedem einzelnen vorgibt sein zu müssen. 

Auf der Suche nach dem stärksten WLAN Signal lernt der Geschäftsmann Oliver die „Goldfische“ kennen. Wie wichtig ist dir eine gute Internetverbindung? 
Ich habe da für mich eine gute Lösung gefunden. Ich habe Slots eingerichtet, in denen ich meine Mails und alles beantworte. Wenn man das zu jeder Tages- und Nachtzeit macht, wird man ja bekloppt. Sonst versuche ich auch öfter mal mein Handy einfach auszuschalten. In den letzten zwei Jahren habe ich gemerkt, dass ich einen ganz komischen Bezug zu meinem Handy entwickelt habe. Freitagabends um 22 Uhr bekommt man plötzlich eine Mail, auf die man am besten sofort antwortet, sonst kommt direkt der vorwurfsvolle Anruf, „ich habe dir vor 10 Minuten eine Mail geschrieben und du hast noch nicht geantwortet“. Das möchte ich einfach nicht mehr! Mittlerweile kann ich das ganz gut dosieren, aber das war auch wirklich nötig für mich. 

Wofür nutzt du soziale Medien wie Instagram?
Ich verstehe das ganze Prinzip der sozialen Medien immer noch nicht ganz, muss ich gestehen. Und kann immer noch nicht glauben, dass es Menschen interessiert, was ich samstagmittags esse. Mittlerweile habe ich mich aber davon überzeugen lassen, dass es tatsächlich viele gibt, die sich dafür interessieren und denen versuche ich auch gerecht zu werden und mich damit anzufreunden, Ausschnitte aus meinem Leben zu zeigen. Es fällt mir aber immer noch schwer, vielleicht bin ich auch einfach zu alt dafür. 

Das heißt das Prinzip der „Influencer“ verstehst du auch nicht? 
Mhm, naja. Ich bin ja in meinem Beruf auch darauf angewiesen, dass die Leute mitbekommen, was ich so tue und in welchen Filmen und Serien ich mitspiele, das heißt irgendwie bin ich ja auch eine Art Influencer, allerdings packe ich kein Tütchen Schminke vor der Kamera aus (lacht). Aber das ist natürlich schon clever gemacht von den Menschen dieses Instagram-Kosmos, da hat man innerhalb kürzester Zeit Zugang zu einer ganz spezifischen Zielgruppe.

Hat sich die Film- und Schauspielbranche durch die Präsenz der Schauspieler und Regisseure auf Social Media verändert? 
Ja, allerdings ist das auch gerade wieder ein bisschen im Umbruch. Ich habe selber schon mitbekommen, wie überlegt wurde, Rollen nach Bekanntheitsgrad zu besetzen und da halte ich überhaupt nichts davon. Das sollte meiner Ansicht nach nicht der Anspruch unserer Branche sein. Ich finde derjenige, der die beste Arbeit liefert, sollte die Rolle bekommen. Natürlich bewegt man einen riesen Apparat, wenn man da jemanden mit an Bord nimmt, dem 2 Millionen Menschen folgen, aber das sollte nicht zu wichtig werden. Es bringt mir ja auch nichts, wenn ich den schönsten Handwerker beschäftige, der mir aber nicht die schönste Mauer baut. 

Du hast in jungen Jahren für das Tamagotchi-ähnliche Digimon Virtual Pets Werbung gemacht. Bist du selbst ein Werbeopfer? 
Komischerweise überhaupt nicht, da lasse ich mich nicht davon beeinflussen, egal ob es Klamotten Handys oder Autos sind. Ich muss gestehen, ich lege da auch meistens nicht so viel Wert darauf. Wenn Leute mich in der Öffentlichkeit sehen, denken die glaube ich auch ganz oft, „oh Gott, der arme Junge“ (lacht). Ich lasse mich da selten von Hypes anstecken. 

Würdest du heute noch Werbung machen? 
Das kommt darauf an. Wenn das Produkt zu mir passt und ich dazu stehen, dann könnte ich mir auch vorstellen wieder Werbung zu machen. 

Du hast bereits in 47 Filmen mitgespielt. Mit welcher Rolle konntest du dich in den 19 Karrierejahren am meisten identifizieren? 
Das ist natürlich schwierig, weil man ja in jeder Rolle unwahrscheinlich viel von sich preisgibt. Am meisten stolz bin ich tatsächlich auf „Rainman“ und die „Goldfische“, weil ich mich da auch wirklich lange darauf vorbereitet habe und es eine besonders intensive Zeit war. 

Du wirst in den Medien immer noch in erster Linie mit Komödien in Verbindung gebracht, bei denen du schon mitgespielt hast. Nervt das, wenn man sich breiter aufstellen möchte? 
Nein, das nervt mich nicht. Ich liebe es Leute zu unterhalten und bin ja auch privat kein Mensch von Traurigkeit (lacht). Ich glaube Komödien kommen auch einfach häufig am besten an, weil die Menschen es lieben zu lachen. Da kann man die Alltagsprobleme für kurze Zeit vergessen – das ist für viele glaube ich die bessere Wahl, als sich in so ein hoch dramatisches Konzept zu setzen.

Ist dieses Verlangen nach Lachen und einer Pause vom Alltag im Film etwas typisch Deutsches?
Wenn wir uns an Actionfilmen probieren, dann ist das meistens schwierig, weil wir häufig einfach viel weniger Budget haben, als die Amerikaner, die da den Markt dominieren. Deswegen sind wir immer nur mit einem Bruchteil von dem zugange, was man eigentlich machen könnte. Wenn wir heute 5 Millionen für einen Film bekommen, dann ist das ok, aber dann sind wir auch schon am Limit und haben keine Chance der internationalen Konkurrenz nahezukommen.

Braucht man denn viel Geld für einen guten Film? 
Ich glaube schon. Man braucht natürlich auch Leute, die dafür brennen, aber es wird immer schwieriger, weil die meisten Entscheidungsträger kein Risiko mehr auf sich nehmen wollen. Früher war das anders, da gab es Leute wie Bernd Eichinger, die gesagt haben, erster Mai wird gedreht, mir egal. Den vermisse ich auch wirklich von ganzem Herzen, weil das ein großartiger Mensch war, der auch dafür gebrannt hat, gute Filme zu machen und dem das Risiko in dem Moment egal war. 

Wärst du nicht Schauspieler geworden, so sagst du in vielen Interviews, hättest du etwas mit Autos gemacht. Woher kommt diese Liebe? 
Ich glaube, die habe ich in die Wiege gelegt bekommen. Ich bin wirklich ein richtiger „Autoklaus“. Seit ich sieben Jahre alt bin, habe ich mich auf den Führerschein gefreut (lacht). Ich liebe Autos und alles was Benzin und Strom frisst. Ich liebe den Geruch von Benzin und Tanken, das darf man heute eigentlich gar nicht mehr sagen (grinst). Das ist für mich einfach ein Gefühl von Freiheit. Ich habe ja auch eine Rennfahrerlizenz – meine größte Leidenschaft. 

Du bist bei der TV Total „Stock Car Challenge“ ja auch fünfmal Erster geworden. Fehlen dir solche Formate?
Ja, sehr. Ich finde Stefan Raab großartig, eine universelle TV-Waffe, mit dem ich auch groß geworden bin. Auf der anderen Seite verstehe ich natürlich auch, dass er sich jetzt zurückziehen wollte, ich hätte das vermutlich auch schon ein paar Jahre vorher gemacht. 

Was sagst du zum neuen E-Auto Trend als große Rettungsaktion unseres Planeten? 
Das ist natürlich ein schwieriges Thema. Auf der eine Seite hört sich das alles ganz gut an, wenn man sich dann aber anschaut, was mit den Batterien passiert und wo die Rohstoffe dafür herkommen, ist man sich auch nicht mehr so sicher. Ich habe da auch nur ganz gefährliches Halbwissen. Für Menschen in der Großstadt ist es bestimmt eine gute Alternative, aber ich brauche ein Langstreckenfahrzeug. Wenn ich in der Großstadt wohnen würde, würde ich vermutlich sowieso gar kein Auto mehr nutzen. Wer einmal in Berlin Auto gefahren ist, weiß, dass das kein Spaß macht, das hat auch nichts mehr mit Autofahren zu tun. Da würde ich mein E-Bike auspacken. 

Auch ein Grund warum du nicht in der Großstadt wohnst? 
Auch. Ich bin nicht so „Großstadtaffin“. Ich wohne im „Bergischen Land“ und bin da auch groß geworden. Dadurch, dass ich berufsbedingt so viel in den großen Städten unterwegs bin, brauche ich diesen Trubel privat nicht auch noch. Ich brauche meine Ruhe, meine Jungs hier und den Grill im Garten und keine tolle Penthouse-Wohnung am Jungfernstieg. 

Wofür gibst du denn dann dein Geld aus, wenn nicht für die Wohnung oder Klamotten?
Ich reise sehr gerne und habe natürlich auch das ein oder andere Hobby was Geld kostet. Autos zum Beispiel (lacht). Essen gehen finde ich auch ganz wichtig und natürlich die ganzen Kinoabende. Geld ist mir aber nicht so wichtig, es macht natürlich vieles einfacher, aber am Ende auch nicht glücklich. 

A propos Halbwissen. Deine Meinung zur aktuellen Medienwelt? 
Ich glaube, es wird ziemlich viel aufgebauscht und ich denke mir bei den Schlagzeilen oft: „Haben wir nicht andere Probleme“? Man fragt sich auch immer woher die Nachrichten eigentlich kommen, wer das steuert und ob Medium A nicht nur von Medium B abschreibt. Gerade bei den Filmkritikern kommt es oft vor, dass die einen Film zerreißen, obwohl sie ihn selbst gar nicht gesehen haben und sich auf das Urteil eines Kollegen verlassen. Man muss den Film nicht mögen, aber sollte sich schon seine eigene Meinung bilden und nicht mit dem Strom schwimmen, das finde ich feige. 

Fühlst du dich ausreichend informiert von den deutschen Medien? Moment fühle ich mich überfordert von allen Seiten. Auf der einen Seite möchte man natürlich alles mitbekommen und „up to date“ sein, auf der anderen Seite merke ich auch wie mich das überfordert und zuschnürt. Das sind so viele Informationen, häufig auch so viel Negatives, das einen in der Art zu leben beeinflusst. Es gibt doch auch so viele schöne Dinge, die passieren, an die man sich hängen könnte, aber es wird häufig nur noch das negative thematisiert. 

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